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Panel: Conflict as Transformation

Nora Amin, Mike van Graan und Chiaki Soma
Moderation Melmun Bajarchuu

10:30 - 12:00 Uhr

Die Podiumsdiskussion der ITI-Jahrestagung wird das Thema Konflikt & Fürsorge eröffnen.  

Als Künstler*innen, Kulturschaffende und Aktivist*innen erleben wir oft Konflikte innerhalb künstlerischer und institutioneller Prozesse. Wenn wir Konflikte aus einer marginalisierten Perspektive beleuchten, können sie als Motor der Transformation betrachtet werden, da sie dominante Machtstrukturen in Frage stellen.   

Während sich die Konferenz mit dem Potenzial von Konflikten zur Transformation befasst, wird das Panel mit Statements der Panelisten zum Themenkomplex eröffnet. Dabei geht es insbesondere um Fragen der Kuration, der Politikgestaltung, der Konfliktdynamik, des Traumas und der nicht-segregativen Perspektiven.  

Das Panel wird die Probleme im Zusammenhang mit Konflikten ansprechen und auch transformatorische Visionen und Möglichkeiten der Pflege formulieren. 


Panel mit Nora Amin, Mike van Graan und Chiaki Soma
Moderation Melmun Bajarchuu


Nora Amin ist Autorin, Choreografin, Performerin, Theaterregisseurin und Wissenschaftlerin. Ihr Hauptforschungsgebiet ist Traumaheilung durch Tanz, rituelle Verkörperungen/Stimme und feministische Ansätze im Baladi-Tanz. Im Jahr 2011 gründete sie das landesweite ägyptische Projekt für das Theater der Unterdrückten und dessen arabisches Netzwerk im Sudan, Libanon und Marokko. Sie promovierte in Kulturpolitik an der Universität Hildesheim. Zu ihren aktuellen Veröffentlichungen gehören: Weiblichkeit im Aufbruch (MSB, Matthes & Seitz, 2018) und Tanz der Verfolgten (MSB, Matthes & Seitz, 2021) ein feministischer Ansatz zur Dekolonisierung des Bauchtanzes. 

Mike van Graan hat an zahlreichen kulturpolitischen Initiativen und Netzwerken sowohl in Südafrika als auch auf dem afrikanischen Kontinent und auf internationaler Ebene mitgewirkt. Er war Gründungsgeneralsekretär von Arterial Network, einer panafrikanischen Organisation, die sich für die kulturelle Dimension von Entwicklung, Menschenrechten und Demokratie einsetzt, und wurde von 2011 bis 2018 in die Expertengruppe der UNESCO zum Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen von 2005 berufen. Außerdem ist er Mitgestalter und Moderator des Programms für das Atelier für Festivalmanager (ein Projekt der European Festivals Association) mit globaler Reichweite. Er ist ein preisgekrönter Dramatiker, der in seinen Werken in der Regel persönliche und politische Dynamiken erforscht und gleichzeitig zeitgenössische globale und lokale Themen im Zusammenhang mit sozialer Gerechtigkeit hinterfragt. 2018 erhielt er den schwedischen Hiroshima-Preis für Frieden und Kultur. Im selben Jahr wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität von Pretoria in Anerkennung seiner Arbeit als Dramatiker und Kulturaktivist verliehen. 

Chiaki Soma (Festivalleitung von Theater der Welt 2023) ist die Gründerin und Leiterin von Arts Commons Tokyo, einem 2014 gegründeten unabhängigen professionellen Kunstkollektiv. Als Kuratorin und Produzentin ist Chiaki Soma auf transdisziplinäre zeitgenössische Kunst spezialisiert, die Theater und Medienkunst mit AR/VR-Technologien verbindet. In den letzten zwanzig Jahren produzierte oder kuratierte sie verschiedene Projekte in Japan und Asien als Programmdirektorin von Festival/Tokyo (2009-2013), Gründungspräsidentin und künstlerische Leiterin von Theater Commons Tokyo (2017 - heute), Kuratorin für darstellende Kunst der Aichi Triennale (2019 und 2022). Derzeit arbeitet sie als assoziierte Professorin an der Graduate School of Fine Arts, Tokyo University of the Arts. 

Melmun Bajarchuu bewegt sich an den Grenzbereichen von Kunst, Theorie und Politik als Denkerin und Diskurspartnerin und übernimmt in kollaborativen künstlerischen Prozessen diverse Rollen, u.a. als critical companion, Kuratorin und Produktionsleitung. Der Wunsch nach Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen sowie die Hinterfragung bestehender Strukturen und dazugehöriger Machtverhältnisse und Ausschlussmechanismen treiben sie an. Ihr besonderes Interesse gilt der Verwebung von Theorien und Praktiken im Kontext poststrukturalistischer, antikolonialer sowie queerfeministischer Fragestellungen. 

Macht teilen - Macht abgeben

Dr. Ferdaouss Adda

14:00 - 15:15 Uhr

Es führt kein Weg daran vorbei, über „Macht“ und ihre Facetten, über ihre Verbindungs- und Trennungslinien zu sprechen. Wir mögen uns gelegentlich ohnmächtig fühlen. Das ändert nichts daran, dass wir alle mit „Macht“ ausgestattet sind. Das ist die Verbindungslinie. Die Trennungslinien verlaufen mal offensichtlich, mal vage, häufig subtil: In einer Gesellschaft, die von tradierten Ungleichheiten durchtränkt ist, ist „Macht“ eben nicht bei allen auf gleicher Weise vorhanden. Bei dieser Erkenntnis Ohnmacht zu verspüren, ist womöglich unausweichlich - bei dieser Erkenntnis stehen zu bleiben, wäre jedoch fatal.  

Wollen wir Transformationen in Gang setzen, die eine Kulturpraxis der Gleichwertigkeit und „Augenhöhe“ fördern, so bietet „Powersharing“ einen Ansatz, uns unserer jeweiligen Rollen und Privilegien bewusst zu werden. 

Wir wollen einen Räum eröffnen, in dem wir uns unserer jeweiligen Verantwortung klarer werden und erste, konkrete Schritte benennen, die jede*r im (professionellen) Alltag umsetzen kann. 

Hinweis: Dieser Roundtable findet in deutscher Sprache statt. 


Dr. Ferdaouss Adda (she/her) ist Kulturanthropologin. Von 2018 bis 2022 leitete sie den diversitätsorientierten Öffnungsprozess am Theater Bremen an. Ferdaouss Adda ist in verschiedenen beruflichen Feldern und Positionen aktiv: als Speakerin, Lehrbeauftragte, Kuratorin, Beraterin für künstlerische und organisationale Veränderungsprozesse mit Fokus auf Diversität und Social Justice. Als Woman of Color ist ihr das Mentoring, insbesondere von BIPoC, ein wichtiges Anliegen.  

Arbeits- & Forschungsschwerpunkte: Soziale Ordnungen, Organisationskulturen, Dekolonisierung, kritische Diversität, Empowerment.

Questions of invisibility and power

Carole Umulinga Karemera

14:00 - 15:15 Uhr

tba


Carole Umulinga Karemera hat einen Master in Schauspiel und Musik (Jazz) vom Conservatoire Royal de Musique de Mons (Belgien) und sich in Cultural Leadership vom African Arts Institute (Südafrika) ausbilden lassen.

Sie hat in international gefeierten Theater-, Tanz- und Filmproduktionen unter der Regie von Peter Brook, Jacques Delcuvellerie, Raoul Peck, Wim Vandekeybus, Marion Hänsel, Denis Mpunga usw. gespielt.   

Sie ist Mitbegründerin und geschäftsführende Direktorin des Ishyo Arts Centre, einer der dynamischsten kreativen Organisationen mit Sitz in Kigali, die sich für die Förderung des kreativen Sektors in Ruanda und der Subregion einsetzt.  

Sie ist Vorstandsmitglied des African World Heritage Fund (AWHF), der ruandischen Akademie für Kultur und Kulturerbe und des Lenkungsausschusses des African Cultural Policy Network (ACPN).   

Sie ist eine vielseitige Künstlerin mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der darstellenden Kunst und im Film. Sie inszeniert sowohl neue Theater- und Musikstücke als auch experimentelle künstlerische Arbeiten. Sie ist Kunstmanagerin und Aktivistin für die Freiheit des kreativen Ausdrucks in Afrika. Ihre derzeitige künstlerische Arbeit umfasst partizipatorische Kunst, Kunst für junges Publikum, transdisziplinäre und medienübergreifende künstlerische Produktionen, die sowohl in formalen kulturellen Einrichtungen als auch in unkonventionellen Räumen präsentiert werden. Im Jahr 2023 entwickelt sie zwei neue Produktionen: "Blind spot" über antischwarzen Rassismus und weiße Privilegien und "Si-lence" über das Verhältnis von Teenagern zu Tabus und unausgesprochener Wahrheit. 

Cacophonic Practices - How can dissent be heard and sustained?

Carolina Mendonça

14:00 - 15:15 Uhr

Carolina Bianchi und Carolina Mendonça haben in verschiedenen Formen zusammengearbeitet und untersucht, wie sexuelle Gewalt im Theater thematisiert werden kann und welche Auswirkungen solche Erfahrungen auf Körper, soziale Strukturen und die Vorstellungskraft haben. Ihre eigenen Geschichten bilden ein Prisma, durch das sie fühlen, hören und spekulieren. Sie gehen dabei von der Frage aus, wie Machtverhältnisse aus dem Alltag, gelebte Herrschaftserfahrungen in der Intimität eines Raumes, hinter der scheinbaren Ruhe eines Familientreffens konfrontiert werden können. Wie Elsa Dorlin sagt, "endet die Frage der Verteidigung für manche Menschen nicht mit dem Moment einer gezielten politischen Mobilisierung, sondern es handelt sich um eine Erfahrung, die auf einem Kontinuum gelebt wird".  


In diesem Roundtable geht Mendonça auf Fragen ein, die gemeinsam mit Bianchi im Entstehungsprozess von Cadela Força, im Programm von Theater der Welt, und Zones of Resplendence diskutiert wurden. Sie haben Praktiken der kollektiven Wahrnehmung kultiviert, die die Opazität der Klarheit, die Vielfältigkeit der Homogenität, die Dissonanz der Konsonanz vorziehen. In Anbetracht der Kakophonie solch heikler Themen fragen sie: Wie kann Dissens gehört und aufrechterhalten werden? Wie können wir auf Rufe hören, die bereits mitschwingen? 


Carolina Mendonça hat einen Abschluss in Darstellenden Künsten von der ECA-USP und einen Master in Choreografie und Performance von der Universität Gießen. Ihre neuesten Projekte sind Zones of Resplendence (2023), das über feministische Perspektiven auf Gewalt spekuliert; Pulp - History as a Warm Wet Place (2018), das sich mit einer intuitiven Archäologie der Überreste des XVII-XVIII Jahrhunderts beschäftigt; useless land (2018), in dem sie zusammen mit Catalina Insignares das Publikum zum Schlafen einladen, während sie die ganze Nacht durch vorlesen.

Carolina war eine der Kuratorinnen von NIDO (2022) zusammen mit Suely Rolnik und Victoria Perez Royo; des Performing Arts Festival VERBO und Temporada de Dança. Sie arbeitet u.a. mit Künstler*innen wie Catalina Insignares, Marcelo Evelin, Marcela Santander, Dudu Quintanilha und Carolina Bianchi zusammen. 

Wahrhafter Wandel statt instrumentalisierte Inszenierung

Tessa Hart

15:30 - 16:45 Uhr

Diversität, Inklusion, Anti-Diskriminierung, Intersektionalität, Kulturwandel, machtkritisch… – nur ein paar der Begriffe, mit denen sich vielerorts Theater- und Kulturbetrieben gerne selbst schmücken. Doch die Realitäten hinter den Kulissen sehen in der Regel anders aus, denn die Komplexität dieser Begriffe und der dahinterstehenden Theorien und Methodiken werden oft nur oberflächlich reflektiert und öffentlichkeitswirksam repräsentiert. So werden letztlich der eigentliche Status Quo, die ursprünglichen Machtverhältnisse und die starren Strukturen erhalten, während nach außen Transformationsprozesse suggeriert werden. 

Anders gesagt: Das alte Bauwerk kriegt einfach eine neue Fassade. 

Dieser Roundtable lädt ein, kritische Kompetenzen weiterzuentwickeln, um zwischen wahrhaften Wandlungsprozessen und der instrumentalisierten Inszenierung von Debatten, Methoden und Menschen zu unterscheiden. Darüber hinaus wird reflektiert, was Konflikte und Fürsorge in diesen Zusammenhängen bedeuten und wie nachhaltige Entwicklungen von authentischen Auseinandersetzungen vorangetrieben werden können. 

Hinweis: Dieser Roundtable findet in deutscher Sprache statt. 


Tessa Hart ist Kulturmacher!n & Kulturwand(l)er!n in Performing Arts, Film & soziokulturellen Bereichen. Derzeit verantwortet Tessa die Gesamtleitung von AfroPolitan Berlin und die Künstlerische Leitung von Goblin Baby Co. Ebenso war und ist Tessa künstlerisch über vermittelnd bis organisatorisch tätig für zahlreiche Performance-, Film- & Kulturprojekte, hat das Bread & Roses Theatre in London mitbegründet sowie sieben Jahre mitgeleitet, ist regelmäßig Teil von Juryprozessen und Auswahlgremien. Als Autor!n u.a. Beiträge zu Racialised Faces in white Creative Spaces, Realitäten. 30 queere Stimmen, weiteren Buch- & Online-Publikationen sowie Theaterstücken. 

Experiences of conflict and the resulting care practices within a feminist and LGBTQI+ rights artivism collective in the Peruvian context

Alex Diaz Loo

15:30 - 16:45 Uhr

Das feministische Kollektiv AFFIDARE (Association of Independent and Diverse Feminists of Arequipa) setzt sich mit Kunst und Aktivismus für LGBTQI+ und Frauenrechte in Peru ein. In diesem Roundtable werden die Arbeit des Kollektivs, der aktuelle politische Kontext in Peru sowie die interne und externe Machtdynamik, mit der sich das Kollektiv auseinandersetzt, kurz vorgestellt. Anschließend werden die Konzeption und das Verständnis des Kollektivs von Fürsorgepraktiken aus einer instinktiven feministischen Perspektive erörtert und die theoretischen und empirischen Quellen diskutiert, die die Fürsorge-Vision des Kollektivs inspiriert haben. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem anhaltenden Kampf gegen die patriarchale Sicht auf Fürsorge und Konflikt. Welchen internen und externen Bedrohungen ist das Kollektiv ausgesetzt? Wie werden diese bei öffentlichen Demonstrationen und bei der Arbeit in der Gemeinschaft in Bezug auf Fürsorge und Konflikt in Betracht gezogen? Der Workshop arbeitet entlang von Beispielen des Konflikts, Lösungsansätzen und best practices der Fürsorge. 


Alex D. Loo ist Aktivistin für die Rechte von Frauen und LGBTQI+ in Peru. Sie ist Mitbegründerin von AFFIDARE (Association of Independent and Diverse Feminists of Arequipa) und des artivistischen Trommelensembles Bomba Cuir. Ihre Arbeit fordert die allgegenwärtige Heteronormativität, den Sexismus und den Kolonialismus in der peruanischen Gesellschaft durch Kurse, Workshops und künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum heraus, die Menschenrechtsverletzungen und systemische Unterdrückung anprangern. Sie hat einen Master of Arts in Angewandter Linguistik an der University of Leicester, UK, und hat außerdem Kulturanthropologie und Pädagogik studiert. 

Funding Care (or why care about Funding?)

Koleka Putuma

15:30 - 16:45 Uhr

Um über die Arbeit zu sprechen, die sie im Rahmen des Stipendienprogramms ihres Unternehmens leistet, möchte Koleka, Toni Morrisons Essay "The Price of Wealth, The Cost of Care" als Ausgangspunkt verwenden.  

Das Stipendienprogramm ist eine Initiative zur Unterstützung und Förderung von Geschichtenerzähler*innen, deren Stimmen und Erzählungen in der südafrikanischen Literatur und im Theater bisher vernachlässigt wurden. Die Initiative zielt darauf ab, die Debatten über Vielfalt, Inklusion, Zugang und Chancen in der gesamten Erzähllandschaft zu erweitern und neue Sichtweisen im zeitgenössischen kulturellen Diskurs zu fördern.  

Einer der Schwerpunkte des Stipendiums ist es, mit den Stipendiat*innen nachhaltige Arbeitspraktiken zu entwickeln, sei es in ihrer kreativen oder beruflichen Praxis, um der wachsenden Arbeitslosigkeit und Bildungskrise in Südafrika entgegenzuwirken. Koleka wird auch über ihre Erfahrungen als Kulturarbeiterin und Geschichtenerzählerin sprechen, deren Arbeit sich sowohl auf den nationalen als auch auf den internationalen Kontext erstreckt.


Koleka Putuma ist eine mehrfach preisgekrönte Theatermacherin, Schriftstellerin und Dichterin. In ihrer Arbeit setzt sie sich mit Themen wie Homophobie, Weiblichkeit, Rasse und der Dynamik von Beziehungen, Religion und Politik auseinander. Ihre Poesie ist scharf und regt zum Nachdenken an, einzigartig in Form, Sprache und Struktur. Jede Zeile ist ein kraftvolles Statement für das, wofür sie steht. 

Wie leben, wenn man stirbt

Gerald Odil

15:30 - 16:45 Uhr

‘You are not censors but sensors, not aesthetes but kinaesthetes. You are sensationalists.’ Kodwo Eshun, More Brilliant than the Sun; Adventures in Sonic Fiction. Als ich im Rahmen meiner Arbeit über Konflikt und Fürsorge als Transformationsinstrumente nachdachte, fand ich mich dort wieder, wo ich immer angefangen habe: in der Gemeinschaft. Meine Praxis und die meiner Schwestern im Anti-Masse-Kollektiv sind von unseren Gemeinschaften inspiriert und für sie gemacht. Wir alle lenken unsere Praktiken durch mütterliche Bindungen, kehren zu den Anfängen zurück und streben gleichzeitig in die Zukunft, schaffen Möglichkeiten und Mutationen und laden die queeren Menschen, die wir als Familie gefunden haben, ein, mit uns zu reisen. In dieser Zeit, die von einer gefühllosen Individualität geprägt ist, die uns alle auf eine hierarchische Leiter des Zugangs zu grundlegenden, lebenserhaltenden Seinsweisen stellt, ist nichts gefährlicher, als ein Kommunalist zu sein. Das Erkennen der uns allen innewohnenden Verbundenheit, insbesondere an unseren marginalisierten Schnittstellen. Als junge, arme und sichtbar queere Menschen in Uganda müssen wir in einem stark regressiven und überwachten Umfeld überleben. Das Wiederaufleben und die Verabschiedung des Anti-LGBTQ-Gesetzes und die darauf folgende Gewalt haben uns dazu veranlasst, neu zu definieren, was Gemeinschaft ist, nicht nur als Ressource, sondern auch als Garten, den wir wieder aufbauen müssen. Wohin fliehen wir in diesen Zeiten? Wohin gehen wir, um sicher zu sein? Um umsorgt zu werden und uns um andere zu kümmern? Und wie entledigen wir uns des Mantels der Schurkerei, den man uns umgehängt hat, um uns nicht an den Terror zu verlieren? Wie kommen wir zur Ruhe? Ich bin daran interessiert, mit anderen zu teilen und von ihnen zu lernen, wie sie mit der Sprachlosigkeit umgehen. Wie drückt man sich in einer Umgebung aus, die der eigenen Identität feindlich gegenübersteht? Was bedeutet es, die Stimme einer Gemeinschaft zu sein oder anzunehmen? Wie kann man eine Gemeinschaft bilden, wenn man sich nicht beim Namen nennen kann? Welche Vorstellungen haben wir davon, wie Fürsorge in verschiedenen Kontexten organisiert ist? Wie können wir die Konflikte sublimieren, mit denen wir in unseren Gemeinschaften konfrontiert sind? Auf dem Weg zu Fürsorge und Verbundenheit?


Seit fünf Jahren verknüpft Gerald Odil Ronnie, ein*e in Kampala, Uganda, ansässige*r Künstler*in, Kurator*in und Produzent*in von Performance- und Multimediakunstausstellungen, Workshops und Projekten queere Perspektiven, afrofuristische Manifestationen und regenerative Praktiken, die die Gemeinschaft und die gemeinschaftliche Fürsorge in den Mittelpunkt stellen. Gerald ist Gründungsmitglied des queeren Künstlerkollektivs Anti-Mass, einem kollaborativen Kunstkollektiv mit Sitz in Kampala. Gerald war Kurations-Fellow bei KLA ART21 public art, Ugandas einzigem öffentlichen Kunstfestival, das vom 32° East|Ugandan Arts Trust veranstaltet wird. Gerald produzierten auch die Ausgabe 2021-2022 der Transdisciplinary Regenerative Encounter Residency in Uganda (TRERU), die von dem niederländisch-belgischen Kollektiv TAAT initiiert wurde und sich auf regenerative, kreative Entwicklung und künstlerische Gemeinsamkeiten zwischen Künstler*innen und Kreativen in Kampala konzentriert. Außerdem ist Gerald Teil des Independent Curators International; Curatorial Intensive Alumni aus dem Jahr 2022. Zu den Projekten in den Bereichen Performance und bildende Kunst gehören: "Enfranchized Play House", eine interaktive szenografische Installation in der Alliance Francaise de Kampala sowie "Black Sistarz", eine kollaborative queere Bewegungs- und Tanzperformance beim Nyege Nyege Festival 2022. In den letzten sechs Jahren hat Gerald als Nebendarsteller*in in dem Spielfilm „Good Girl“, einer Bad Mama Jama-Produktion und verschiedenen anderen kleinen Film- und Theaterprojekten mitgewirkt.